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Über die Doppeldeutigkeit der deutschen Sprache

Unsere Sprache neigt zu Unschärfen: Manchmal muss man zweimal hinschauen, um zu erkennen, wie etwas gemeint ist. Bereits einzelne Wörter scheinen für eine gewisse Doppeldeutigkeit prädestiniert zu sein. Das Adjektiv „grundsätzlich“ etwa könnte eine Aussage bekräftigen bzw. verstärken: Mit „Ich lasse mich grundsätzlich nicht von anderen beeinflussen“ könnte zum Beispiel jemand seine intellektuelle Selbstständigkeit betonen. Im allgemeinen Sprachgebrauch schränkt das Adjektiv allerdings eher ein: „Ich stimme dir grundsätzlich zu“ formuliert zwar einen Grundsatz, räumt aber zugleich die Möglichkeit gewisser Ausnahmen ein. „Ich bin grundsätzlich dafür“ ist also weniger entschieden als „Ich bin dafür“. Das Aber steht meist mit im Raum.

Die Sinnhaftigkeit von Redewendungen

 Die Unsicherheit über das, was gemeint ist, liegt hier jedoch ausschließlich beim Rezipienten.  Interessant wird es, wenn sich der Sprecher selbst nicht ganz darüber im Klaren zu sein scheint, was er sagt. „Bei Niederlagen gilt: Wer achtmal hinfällt, muss neunmal aufstehen.“ Mit diesen Worten kommentiert der Linken-Chef Dietmar Bartsch die Auflösung der Fraktion und stellt die leidgeprüften Wähler*innen zugleich vor eine logische Herausforderung. Wie kann ich neunmal aufstehen, wenn ich nur achtmal hingefallen bin? Wahrscheinlich spekuliert der markige Spruch auf die Überzeugungskraft der Klimax und möchte einfach nur die ungewöhnliche Intensität ausdrücken, mit der auf ein Ereignis reagiert wird – nach dem Motto: „Wenn dich ein Mensch schlägt, umarme zwei.“ Rein logisch betrachtet redet da einer allerdings erst einmal Quatsch. Die Grammatik stimmt, aber der Sinn ist nebulös. 

Das Ungefähre und Unsinnige

Mehr noch als in der Politik sind das Ungefähre und Unsinnige in der Religion und in der Philosophie zu Hause, wo sie anscheinend geradezu kultiviert werden. Hat jemals jemand „das Leben nach dem Tode“ zu Ende gedacht? Und sind nicht viele philosophische Sätze „von der Art der Frage, ob das Gute mehr oder weniger identisch sei als das Schöne“? Das Zitat stammt von Ludwig Wittgenstein – möge ein wenig vom Glanz seines Denkens auf diese Rubrik abstrahlen!